Herbstzeit ist Igelzeit

 

Wir haben einen Igel gefunden – was nun? Mit dieser Frage werden viele Tierfreunde von August bis November jeden Jahres konfrontiert. Wir hoffen, Ihnen mit ein wenig Basiswissen zum Thema „Igelhilfe“ unter die Arme greifen zu können:

Wann ist ein Igel wirklich hilfsbedürftig?

Igel sind unter Naturschutz stehende Wildtiere, die nicht ohne weiteres in menschliche Obhut aufgenommen werden dürfen. Nur verwaiste Igelsäuglinge, verletzte und kranke Igel, sowie Igel, die nach Wintereinbruch bei Frost oder Schnee aktiv sind, sollten als hilfsbedürftig angesehen werden.

Wie erkennt man einen hilfsbedürftigen Igel?

Das Körpergewicht ist ein guter Anhaltspunkt für Hilfsbedürftigkeit. Nur Igel, die deutlich unter 500g wiegen, eine „Hungerfalte“im Halsbereich oder herausstehende Hüftknochen haben, sind gefährdet, den Winter nicht zu überleben. Igel, die Anfang November mindestens 500g wiegen, haben gute Chancen, den Winter auch ohne
menschliche Hilfe zu überstehen. Wenn sich ein Igel regelmäßig im Garten aufhält, ist allabendliche Zufütterung bis zum Erreichen des Winterschlafgewichtes eine geeignete Maßnahme, dem Wildtier zu helfen.

 

Wenn ein Igel Hilfe braucht:

Sie sollten sich Fundumstände, Funddatum und Uhrzeit sowie das Gewicht notieren. Auch die Fundstelle ist wichtig, da der Igel nach Genesung möglichst dort wieder ausgesetzt werden sollte. Es ist sehr wichtig das Geschlecht zu bestimmen, denn es könnte sich um eine noch säugende Igeldame handeln. Die meisten Igelbabys werden im Zeitraum August bis September geboren und ein Verschwinden des Muttertieres kann fatale Auswirkungen haben. Igeldamen erkennt man an der Vaginalöffnung direkt über dem Anus, während das Igelmännchen einen Hautknopf in der Mitte der hinteren Körperhälfte besitzt. Ist das Tier an der Bauchseite deutlich kälter als die eigene Hand, sollte es aufgewärmt werden. Eine Gummiwärmeflasche oder Wärmeakku aus Plastik, die leicht wärmer sind als die eigene Haut, bieten genügend Wärme für das unterkühlte Tier.

Die richtige Unterbringung ist ebenso wichtig. Igel sind Einzelgänger, die nur in der Paarungszeit aufeinander treffen. Jeder Igel, den Sie aufnehmen, muss also einzeln gehalten werden. Die Ausnahme bilden verwaiste Igelbabys – sie vertragen sich eine Zeit lang miteinander. Ein Igelgehege sollte etwa 1x2m Grundfläche haben und mindestens 50 cm hoch sein. Es sollte in einem Raum mit Zimmertemperatur und Tageslichteinfall stehen. Der Boden des Geheges kann dann mit Zeitungspapier ausgelegt werden. Dort hinein kommt ein Schlafhäuschen, das beispielsweise aus einem kleinen Karton mit einem Schlupfloch gebaut werden kann. Dieses wird dann mit Küchenpapier ausgepolstert. Das Gehege sollte regelmäßig gereinigt werden.

Die richtige Ernährung ist enorm wichtig und möglichst abwechslungsreich zu gestalten. Als Grundfutter kann Katzendosenfutter, hartgekochte Eier, Rührei, angebratenes Rinderhackfleisch oder gekochtes Geflügelfleisch angeboten werden. Auf die Fütterung von rohem Fleisch ist wegen der Salmonellengefahr zu verzichten. Als Beifutter kann man ballaststoffreiches Igeltrockenfutter ( im Handel erhältlich) oder einen Esslöffel Haferflocken anbieten. Igel sind zudem stets mit frischem Wasser zu versorgen – Milch ist als Tränke ungeeignet. Igel sind keine Vegetarier sondern Insektenfresser. Sie können also Obst entsprechend schlecht verwerten, obwohl sie es fressen. Es schmeckt süß und wird deshalb aufgenommen, kann aber dennoch nicht den entsprechenden Nährwert aufweisen. Ob die Ernährung des Igels richtig ist, kann man an der Gewichtszunahme des Tieres erkennen. Ein Tier, das großen Nachholbedarf hat, kann täglich bis zu 15 g zunehmen. Zur entsprechenden Gewichtskontrolle wiegt man den Igel erst täglich und dann im Abstand von einer Woche.

 

Der Winterschlaf und die Auswilderung

Wenn ein gesund gepflegter Igel das „Winterkampfgewicht“ noch vor Wintereinbruch erreicht, ist dieser unbedingt noch im Herbst auszuwildern – dann sind noch Unterschlupfmöglichkeiten und Fressgelegenheiten vorhanden – ansonsten ist bis zum Frühjahr zu warten. Um den Biorhythmus des Igels aber nicht zu stören, muss man ihm immer die Möglichkeit zum Winterschlaf geben. Dazu wird das Gehege mit Schlafhäuschen in einen kalten Raum (Garage, Gartenhaus, Außenbereich) gebracht, Trockenfutter und Wasser bereitgestellt und das Tier in Ruhe gelassen. Der Igel erwacht etwa im März aus seinem Winterschlaf und hat bis dahin etwa 40 Prozent seines Gewichtes verloren, sodass er zunächst aufgepäppelt werden sollte. Wenn genügend Nahrungstiere des Igels wieder in der Natur vorhanden sind, kann das Tier – möglichst am Fundort – wieder in die Natur entlassen werden. Die beste Zeit zum Aussetzen ist die Abenddämmerung. Sollten Sie einen hilfsbedürftigen Igel finden, der eventuell sogar Verletzungen aufweist, stellen Sie diesen dringend einem Tierarzt vor. Dieser kann die entsprechenden Maßnahmen zur Genesung einleiten und Sie bei der Pflege des Tieres unterstützen. Eine Tierarztpraxis ist aber nicht in der Lage, aufgelesene Tiere dauerhaft zu versorgen. Diese Verantwortung bleibt beim Finder gegebenenfalls in Kooperation mit einer Igelhilfe-Station. Bitte wenden Sie sich dazu gern an unser Praxispersonal.

Igel in der Natur

 

In Deutschland ist der Europäische Braunbrustigel (Erinaceus europaeus) heimisch. Lebensraum sind Garten- und Parklandschaften. Hauptnahrungsquellen sind Maden, Käfer, Schnecken, Würmer und gelegentlich Aas. Im Herbst legen Igel einen Fettspeicher an. Dieser ist wichtig, da sie während ihres Winterschlafes bis zu 40 % ihres Körpergewichtes verlieren. Paarungszeit ist zwischen Mai und August. Hauptwurfzeit ist im August. Die Jungen werden etwa sechs Wochen lang von der Mutter gesäugt und öffnen die Augen erst nach ca. 14 Tagen. Einrollen können sie sich ab dem 16. Lebenstag. Feste Nahrung nehmen sie mit etwa 25 Lebenstagen zu
sich.

Fakten zur Biologie des Igels

Körperlänge: 24- 28 cm
Geburtsgewicht: 15-30 g
Gewicht ausgewachsen: 800 – 1500 g
Winterschlafgewicht: ca. 500 g
Körpertemperatur: 24- 36 °C
Atemfrequenz: 40-50/min
Trächtigkeitsdauer: 32-36 Tage
Säugeperiode: 40-45 Tage
Geschlechtsreife: meist nach erstem Winterschlaf
Winterschlaf: November/Dezember bis März/April

 

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Posted by
haagsrapp